Medien als Opfer von Aggression – auch als Teil davon?
Von Sabine Mack
Journalist:innen werden oft auch als die vierte Gewalt im Staat bezeichnet. Diese wichtige Rolle kann sie zu einem Ziel machen von Gewalt und Aggression. Gleichzeitig gibt es viele Beispiele, die zeigen, dass auch von Medien(schaffenden) Aggression ausgehen kann. Wo stehen wir selbst als Journalist:innen und Medienschaffende?
Pressefreiheit: Österreich auf Platz 22
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Von Sabine Mack ©PRIVAT |
Zunächst muss an dieser Stelle der Mut von Kriegsberichterstattern hervorgehoben werden, die regelmäßig ihr Leben riskieren. Sie sind unser Bollwerk da draußen!
Aber auch abseits von Kriegen sind Journalist:innen weltweit von Gewalt betroffen. Dazu gehören verbale Drohungen, körperliche Angriffe, Entführungen und sogar Mord. Insbesondere von den politischen Rändern der Gesellschaft werden Journalist:innen angefeindet, weil sie für Tatsachenberichterstattung stehen. Laut dem European Centre for Press and Media Freedom gab es 2024 erschreckende 98 tätliche Angriffe auf Medienschaffende – der höchste Wert seit Beginn der Langzeitstudie seit 2015. 2024 war auch das tödlichste Jahr für Journalist:innen weltweit, in dem 85 Medienschaffende ihr Leben im Rahmen ihrer Arbeit verloren (1,2).
Am 8. August 2025 trat nun das Europäische Medienfreiheitsgesetz in Kraft, das EU Mitgliedstaaten wie Österreich dazu verpflichtet, öffentlichrechtliche Medien wie den ORF zu schützen. Diese Medien sind in den letzten Jahren, zum Beispiel durch die undifferenzierte Diskussion um Rundfunk- und TV-Gebühren, zunehmend unter Druck geraten (3). Es bleibt also auch in diesem Kontext spannend.
Beispiele von beiden Seiten der Medaille
Wenn Journalist:innen die Wahrheit ans Licht bringen, gefällt das nicht jedem, vor allem nicht denen am politischen Rand, die wenig Begeisterung für Tatsachenberichterstattung zeigen. Und es bleibt nicht ohne Konsequenzen, auch für die Medien(schaffenden): Werden bspw. Journalist:innen mit rechtlichen Verfahren, Abmahnungen etc. überzogen, kann das existenziell bedrohlich werden. Nicht jeder Redaktionsleiter bzw. Herausgeber steht dann hinter den angegriffenen Mitarbeitern. Freiberufler, die z. B. via Social Media an den Pranger gestellt werden, können auf diesem Wege beruflich und ökonomisch ins Abseits geraten.
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►LINKEDIN-POST ANNA THALHAMMER, JULI 2025 |
Beispiel 1: Hass im Netz vs. kritischer Retweet,
Die Journalistin Anna Thalhammer, Chefredakteurin von profil, musste auf Anordnung eines Gerichts einen kritischen Retweet löschen. Dies geschah unter dem Vorwand „Hass im Netz“, ohne dass die Vorwürfe, die eher dem Putin-nahen Lager zuzuordnen sind, inhaltlich geprüft wurden. Die Medienfrauen berichteten auf LinkedIn. Da eine inhaltliche Prüfung gesetzlich nicht vorgesehen ist, können politisch fragwürdige Akteure diesen Weg nutzen, um gegen Tatsachenberichterstattung vorzugehen.
Beispiel 2: Friedensjournalismus als Reizwort (A)
Jüngst wurde das Thema „Friedensjournalismus“, für das sich der ÖJC u.a. mit einem eigenen Lehrgang stark macht, zum „Problemthema“.
Worum geht es? Der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) möchte mit seinem neuen Zertifikatslehrgang "Friedensjournalismus" Impulse pro Demokratie und Frieden setzen. Eine Journalistin vom Falter berichtete über Unstimmigkeiten die sie in der Kommunikation und bei einigen Dozenten bzw. einem Kooperationspartner, der letztendlich ausstieg, sah. Es wurde teils scharf geschossen, nicht
jeder dürfte mit der Argumentation des anderen einverstanden gewesen sein. Aber: Beide Seiten haben das Thema nicht genutzt, um gegen die jeweils andere Seite zu hetzen!
Ein Kommentar von unzensiert.at beschrieb das Ganze als „Schlammschlacht in der linken Journalisten-Blase“. Das zeigt, wie von außen versucht wird, Meinungsverschiedenheiten zu skandalisieren. Für mich als "Social-Media-Tante des ÖJC" ist dieser Kommentar fast ein Aufruf an beide Seiten (Falter und ÖJC), sich gemeinsam für das wichtige Thema Demokratie und Frieden einzusetzen!
Zitat unzensiert.at:
„(…) Was ist richtig, was ist falsch? Darüber können sich der Falter und der Österreichische Journalistenclub (ÖJC) nicht einigen und liefern sich in der linken Journalisten-Blase eine regelrechte Schlammschlacht (...)“
Quelle:
unzensiert.at: „Falter gegen Journalistenclub (5)“
Fakten gefällig? Ein Bild über die hybride ÖJC-Weiterbildung kann man sich hier auf der Website machen:
►HTTPS://JOURNALISTS4PEACE.ORG
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LINKEDIN-POST, PHILIPP SÄLHOFF, GESCHÄFTSFÜHRER POLISPHERE, JULI 2025, (4) |
Beispiel 3: Rechte Medien vs. Verfassungsgericht (D), siehe Abb.2
Im Juli fand in Deutschland eine Hetzkampagne rechter Medien gegen drei Kandidat:innen für die höchsten deutschen Richterämter (Bundesverfassungsgericht) statt. Eine der Kandidatinnen, die ausgewiesene Verfassungsexpertin Frauke Brosius-Gersdorf, wurde medial von rechts mit einer derartigen Schlammschlacht überzogen, dass sie letztendlich ihre Kandidatur zurückzog. Bis dato ist unklar, wie es mit der Wahl weitergehen wird. Ich gebe zu: Als „Deutsche im Wiener-Exil“ treibt mich dieser Vorgang auch persönlich um.
Die vollständige Analyse könnt ihr hier lesen :
►HTTPS://WWW.POLISPHERE.EU/DE/CAUSA-BROSIUS-GERSDORF/
Und jetzt?
Statt in Panik zu verfallen, sollten wir uns an die Erfindung des Buchdrucks erinnern. Sie hat die freie Meinungsäußerung nicht beendet, sondern den Zugang zu Informationen massiv verbessert. Wir müssen lernen, die neuen Medien und Kanäle richtig zu nutzen und zu verstehen. Wenn wir Journalist:innen uns hier raushalten, wird das nicht zur freien Meinungsbildung beitragen!
Ein guter Anfang ist zum Beispiel die Greenwood Digital Initiative „Dialog statt Desinformation“. Sie sammelt Spenden für eine digitale Kampagne, die junge Menschen online mit faktenbasierten Inhalten erreichen will, um Desinformation zu entkräften, Medienkompetenz zu fördern und eine starke digitale Zivilgesellschaft zu stärken. Unterstützer werden kann man auf der Spenden-Plattform von Respekt.net:
►HTTPS://LNKD.IN/DSTHGF6P
DER TEXT WURDE VERFASST VON SABINE MACK (JOURNALISTIN, REDAKTEURIN UND VORSTANDSMITGLIED/SOCIAL MEDIA DES ÖJC).
GET CONNECTED VIA LINKEDIN:
►HTTPS://WWW.LINKEDIN.COM/IN/SABINE-MACK
QUELLEN:
(1) INFOGRAFIK "WIE OFT WERDEN JOURNALIST:INNEN ANGEGRIFFEN?", STATISTA,
VERÖFFENTLICHT AM 30.04.2025 (DATEN BASIEREND AUF ECPMF);
(2) SPECIAL REPORT: „2024 IS DEADLIEST YEAR FOR JOURNALISTS IN CPJ HISTORY“, COMMITTEE TO PROTECT JOURNALISTS, NEW YORK (USA), JULI 2025;
(3) PRESSEMITTEILUNG „REPORTER OHNE GRENZEN SIEHT BEWÄHRUNGSPROBE FÜR EUROPÄISCHE DEMOKRATIEN“, REPORTER OHNE GRENZEN ÖSTERREICH;