Gewalt – Zerstörungswille

Im Flugzeug, einem Airbus von New Delhi nach Wien, fiel mir ein dicker Mann auf. Seine Haare hatte er zu einem Knoten gebunden; er saß auf einem der drei Sitze neben der Seitentür. Mit allem Respekt vor seiner Krankheit – er hatte ein Geschwür, das weit über den Kragen seiner Windjacke hinausragte.

Ab einem bestimmten Moment herrschte in der Mitte des Flugzeugs dichtes Gedränge, wie auf einem Jahrmarkt in seiner Hochphase. Keiner achtete mehr auf den anderen. Der Mann war breit genug geschultert, um unauffällig zwischen den aufgewühlten Reisenden vor der Tür zu stehen – und mit der Faust auf den großen, blauen, runden Türöffner zu schlagen. Keine Stewardess, niemand in der Nähe, der genug Autorität gehabt hätte, diesem Zerstörungswillen Einhalt zu gebieten. Und niemand, der es überhaupt bemerkte. Im allgemeinen Lärm ging alles unter. 

Ich machte den Tibeter, der neben mir saß, auf den versteckten Selbstmordgefährdeten aufmerksam. „Unglaublich, was es für Leute gibt“, sagte mein Flugnachbar, ebenso geschockt wie ich. Doch offenbar lässt sich eine Fluchttür im Airbus während des Fluges nicht öffnen. Später, im sogenannten Erdgeschoss der Weltstadt, stand ich beim Zoll direkt hinter diesem Mann – jenem Typen, der nicht davor zurückgeschreckt wäre, uns alle mit ins Unheil zu reißen. Am liebsten hätte ich ihm ins eine Ohr geschrien: „Misslungener Idiot! Schuft! Du hättest uns alle fast in den Tod gestürzt.“ Und ihm ins andere Ohr, vertraulich, gesagt: „Warum bist du so lebensmüde geworden Es gibt doch genügend Lichtpünktchen, auf die man weiterbauen kann.“

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