Wenn der Tod zur täglichen Routine wird

Vulcan Spirit 


1967 zeigte die Science-Fiction-Serie Star Trek etwas Unvorstellbares: einen Krieg ohne Bomben, ohne verwüstete Städte – und doch mit unzähligen Toten.

Von Mohammad J. Malayeri 

 

In der Episode „Krieg der Computer“ (Originaltitel: A Taste of Armageddon) trifft Captain Kirk, der Kommandant der Enterprise, auf eine Zivilisation, die seit 500 Jahren einen automatisierten Krieg führt. Jeder simulierte „Treffer“ bedeutet echten Tod: Die als Opfer ausgewählten Bürger melden sich freiwillig in sogenannten Desintegrationskammern, um dort getötet zu werden.

Kein Schuss fällt, kein Gebäude wird zerstört, doch die Verluste sind real.

Krieg ist für die Bewohner von Eminiar VII zur Routine geworden – ein Ritual, das sie pflichtbewusst erdulden, um einen „echten“ Krieg mit totaler Vernichtung zu vermeiden. Aus Sicht der Anführer von Eminiar VII ist diese grausame Praxis der Preis für das Überleben ihrer Kultur.
Die Bevölkerung lebt in geordneten Verhältnissen, während der Krieg scheinbar „sauber“ im Hintergrund abläuft. Captain Kirk reagiert schockiert: Hier hat man den Schrecken des Krieges vergessen. Mr. Spock, Kirks erster Offizier, der einer Rasse angehört, die von reiner Logik geleitet wird, erkennt die kalte Logik hinter diesem System doch auch er missbilligt sie. Captain Kirk reagiert schockiert:

Hier hat man den Schrecken des Krieges vergessen.

Tod und Zerstörung wurden abstrahiert und bürokratisiert, bis die Gewalt jeden abschreckenden Effekt verlor. Daraufhin zerstört Kirk die Kriegscomputer und stellt die Verantwortlichen vor die Wahl. Entweder wird der Konflikt fortan real ausgefochten – mit all dem Entsetzen, das ein „richtiger“ Krieg bedeutet – oder die verfeindeten Planeten müssen endlich Frieden schließen. Kirk macht deutlich, was die Menschen auf Eminiar verdrängt haben:

„Krieg bedeutet Tod, Zerstörung, Grauen – und genau das macht ihn zu etwas, das man um jeden Preis verhindern muss.“

Mit dieser drastischen Konfrontation erzwingt er Verhandlungen zwischen den beiden Welten, die nach Jahrhunderten der Routine-Gewalt erstmals über Frieden nachdenken.

Die eindringliche Botschaft dieser Folge war zur Zeit ihrer Ausstrahlung hochaktuell. In den 1960er-Jahren, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, lebte die Welt in Angst vor einem nuklearen Armageddon. Gleichzeitig wüteten in fernen Ländern Kriege, oft ohne die eigene Bevölkerung mit den blutigen Folgen zu konfrontieren. Star Trek stellte mit „Krieg der Computer“ provokant die Frage: 

Was passiert, wenn Krieg klinisch rein und fernab unserer Wahrnehmung geführt wird? 

Die Antwort der Episode fällt eindeutig aus: wird Gewalt zur sterilen Routine, fehlt jeder Anreiz, sie zu beenden. Diese Warnung bleibt erschreckend aktuell. Moderne Militärtechnologien ermöglichen es, Krieg zunehmend zu automatisieren und zu entmenschlichen. Drohnen und „intelligente“ Bomben töten aus großer Distanz, ohne die Opfer je zu sehen. Blenden wir die Realität der Gewalt aus, wird es leichter, Konflikte endlos fortzuführen. Die Episode führt uns vor Augen, dass echter Frieden nur möglich ist, wenn wir uns dem wahren Gesicht der Gewalt stellen.

Obwohl Star Trek in einer fiktiven Zukunft spielt, zielt diese Geschichte direkt auf unsere Gegenwart. „Krieg der Computer“ erinnert uns daran, dass wir niemals zulassen dürfen, dass Gewalt zur bloßen Statistik oder zum akzeptierten Alltag wird. Gewalt, die nicht weh tut und unsichtbar bleibt, verliert ihren Schrecken – und mit ihm unsere Menschlichkeit. Gerade heute, in einer Welt voller Konflikte, bleibt diese Mahnung relevant. Star Trek lieferte hier nicht nur spannende Unterhaltung, sondern auch eine zeitlose Lektion.

Wir müssen den Mut aufbringen, uns dem grausamen Antlitz der Gewalt zu stellen und den Frieden zu wagen – bevor aus einem Vorgeschmack auf Armageddon bittere Realität wird.

 

Quellen:

  • Star Trek: Raumschiff Enterprise (The Original Series), Staffel 1, Episode 23: „Krieg der Computer“ (Originaltitel: A Taste of Armageddon), USA 1967.

  • Encyclopaedia Britannica: „Drohnen-Debatte – Pro und Kontra“. 
    Abgerufen unter:
    https://www.britannica.com/procon/drones-debate

 

 

 

 

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