Kunst und Missbrauch
Von Leila Offinassinga
Wiener Kongresse II
![]() |
| Bild: Screenshot Website |
Kunst und Missbrauch
Lässt sich die Kunst vom Künstler trennen? Ist der Täter kein Künstler und ist der Künstler kein Täter?
Genau um diese Thematik drehte sich das zweite Wochenende der Wiener Festwochen mit dem Titel „Kunst Und Missbrauch“. Die Festwochen sind ein großes Kulturevent, das einmal im Jahr stattfindet und richtig viele Leute anzieht. Es gibt ein bunt gemischtes Programm. Von Theater über Musik bis hin zu Ausstellungen oder Performances. Viele KünstlerInnen aus aller Welt kommen dafür zusammen und bringen spannende, manchmal auch nachdenklich machende Stücke auf die Bühne.
Der dreitätige Kongress fokussierte sich auf Missbrauch im Kunst- und Kulturbetrieb anhand 3 prominenter Fälle aus Österreich und Europa.
Otto Muehl: Aktionskünstler und verurteilter Sexualstraftäter
Florian Teichtmeister: Schauspieler und wegen Besitzes von Missbrauchsdarstellungen verurteilt
Rammstein: Deutsche Band, international erfolgreich, in Kritik wegen Machtmissbrauchs- und Übergriffsvorwürfen
Diese Männer wurden bei den Wiener Kongressen II behandelt, weil sie exemplarisch für verschiedene Formen von Machtmissbrauch, Gewalt und Grenzüberschreitung in der Kunst- und Kulturszene stehen – und weil ihre Fälle zentrale gesellschaftliche Debatten ausgelöst haben.
Als Teil vom Rat der Republik war unser Ziel am Ende des Wochenendes diese folgenden 3 Leitfragen zu beantworten:
1. Ist die internationale #MeToo-Bewegung eine Einschränkung für die Kunstfreiheit?
2. Soll in der Kuration und Programmierung der Wiener Festwochen das Werk getrennt von dessen Produzent: innen betrachtet/beurteilt und eingeordnet werden?
3. Soll im Rahmen der Wiener Festwochen Kunst, die in Gewalt- und/oder missbräuchlichen Kontexten entstanden ist mit angemessener Kontextualisierung dessen gezeigt werden?
Wir waren dazu angehalten, ausschließlich mit JA, NEIN oder Enthaltung zu antworten. Insgesamt nahmen 25 Ratsmitglieder an der Abstimmung teil. Die Fragen wurden wie folgt beantwortet:
Frage 1: 3 JA, 19 NEIN, 2 ENTHALTUNGEN
Frage 2: 2 JA, 20 NEIN, 3 ENTAHLTUNGEN
Frage 3: 11 JA, 8 NEIN, 6 ENTHALTUNGEN
Ich ging mit einem mulmigen Gefühl in die Kongresse rein. Denn solchen Menschen nochmal eine Bühne zugeben und dass ein ganzes Wochenende lang, schien mir zunächst falsch, ja sogar gefährlich – als würde man ihren Taten im Nachhinein eine Rechtfertigung oder neue Aufmerksamkeit geben. Doch je länger ich im Theater Odeon saß, desto mehr verwandelte sich mein mulmiges Gefühl in große Nachdenklichkeit. Die Art wie gesprochen, hinterfragt und nicht einfach hingenommen wurde zeigte mir:
![]() |
| Plakat Wiener Festwochen 2025 c Ines Bacher |
Hier geht es nicht um eine Verherrlichung, sondern um eine Aufarbeitung, die teilweise schon seit Jahrzehnten fällig ist.
Betroffenen wurde der Raum gewährt ihre Geschichten zu erzählen.
Geschichten bei denen sich einem die Nackenhaare aufstellten. Geschichten, die bei einigen im Publikum Tränen auslösten -vor Wut, Betroffenheit oder einfach, weil endlich ausgesprochen wurde, was so lange verdrängt worden war.
Der zweite Kongress war insgesamt sehr lehrreich und augenöffnend. Die Beiträge von den eingeladenen Gästen gaben dem Ganzen eine Tiefe und eine Komplexität, ohne eine einfache Antwort zu liefern.
Was jetzt nach dem Wochenende bleibt, ist ein Gefühl der Hoffnung.
Die Hoffnung, dass diese Gespräche und Diskussionen nicht mit dem Kongress enden, sondern genau so intensiv weiter geht- in Theaterhäusern, Institutionen und privaten Gesprächen.


